Frauentag
Schön sind sie, richtig schön. Und das wissen sie auch, die beiden. Man sieht es, sieht es in ihren Augen. Und da stehn sie : Monireh und Yasaman, Mutter und Tochter, beide mit offenem, dunklem Haar, schulterlang, leuchtende Blumen darin. Auch in den Händen halten sie Blumen, verteilen sie in der Metro von Teheran, dort, wo es wimmelt von Menschen.
Heute am Frauentag, heut wollen die beiden für zehn Minuten sich fühlen wie viele Millionen von Frauen anderswo Tag für Tag, sei es in Rom, in Paris, in Athen, in Berlin oder Wien.
Und für zehn Minuten gibt es ihn auch im Iran, gibt es ihn auch in der Metro hier unten, den Frauentag, von zwei mutigen Frauen in ihre Hauptstadt geholt.
So manche nehmen die Blumen, viele nehmen sie nicht, Männer vor allem, hell empört über den Frevel vor ihren Augen : außer Hauses zwei Frauen mit offenem Haar, ohne Kopftuch die beiden. Welch dreiste Mißachtung der gottgewollten Pflichten der Frau inmitten von Massen von Menschen im Gottesstaat!
Und ins Gleisbett fallen die letzten Blumen, als, über Handys gerufen, eifrige Schergen sich holen die Frauen.
Es folgen Verhöre und vor Gericht fällt das Urteil : sechzehn Jahre für Monireh, sechzehn Jahre für Yasaman.
Sechzehn Jahre Gefängnis, sechzehn Jahre kostbare Lebenszeit Menschen geraubt, die sich für zehn Minuten freies Menschsein ertrotzten, die sich ertrotzen mußten, was weltweit für viele Millionen von Frauen gilt , nicht nur am Frauentag.
Die Blumen, sie sind verfault, doch die Botschaft der Frauen bleibt immer bestehn.