Söhne

Eines von jenen Bildern,
die man nicht vergißt:
im sommerlichen Garten,
ruhend im Tannenschatten,
drei Brüder auf dem Rasen,
schon Männer alle drei,
längst keine Kinder mehr.

Zwei liegen aufgestützt im Gras,
vor ihnen sitzt der Jüngste,
lehnt am Stamm der Tanne,
in seinen Armen die Gitarre.

Sein Lied steigt leicht empor,
weht über Rosen, Rittersporn,
durchs Gartentor hinaus;
das Tor steht offen, weit,
als wär's geöffnet
für den vierten,
den Ältesten.

Da ist es mir, als käme er
herein zu seinen Brüdern;
ich seh' sein blondes Haar
und spüre auch sein Lächeln
bis tief in mich hinein.

Wohl weiß ich aber,
er wird nicht mehr
kommen,
wird niemals mehr
in seiner Brüder
Mitte sein.

Vielleicht trägt jetzt
der Sommerwind
die Klänge der Gitarre
dorthin,
wo schon seit langer Zeit
der Blonde schläft,
anheimgegeben
tiefster Nacht
und unbehaust.

Wolfgang Braun (um 2000)